Schmuckvertrieb: Tag der offenen Ateliers – Im Interview mit Anina Gröger

Tag der offenen Ateliers

Der Vertrieb von Schmuck hat viele Facetten, wie unsere Interviews mit Schmuckdesignern an Beispielen wie der Teilnahme an Fachmessen oder der Steigerung der Aktivität in sozialen Medien zeigen. Heute möchten wir Ihnen eine weitere Möglichkeit vorstellen, um Schmuck zu verkaufen: Die Veranstaltung OFFENE ATELIERS

Die diesjährigen „OFFENE ATELIERS – Bildende Kunst, Schmuck und Design“ fanden vom 23. bis 24. April in Pforzheim und Umgebung statt. Pforzheimer Künstler, Designer und Goldschmiede waren eingeladen, ihre Ateliers zu öffnen oder Ausstellungsflächen für andere Künstler anzubieten. Mit über 120 Ausstellern aus der Region an 33 Orten und vielen Besuchern war es ein voller Erfolg.

Wir haben uns auch auf den Weg gemacht, um eigene Eindrücke zu sammeln. Es gab interessante Gespräche und Einblicke in Ateliers, die der Öffentlichkeit normalerweise verschlossen bleiben.

Außerdem waren wir im Gespräch mit der Organisatorin und Künstlerin Frau Anina Gröger.

Frau Gröger, es ist sehr spannend, Künstler, Designer, Schmuckdesigner und Goldschmiede zusammenzubringen und ihnen eine Fläche zu geben, um gemeinsam auszustellen. Als Besucher ist man dann besonders motiviert, Ateliers zu besuchen und Künstler kennenzulernen. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, diese drei Bereiche zusammenzubringen?

Da ich in der Goldstadt Pforzheim lebe, liegt es nahe, bei den OFFENEN ATELIERS auch Schmuckschaffende mit einzubinden. Es gibt hier ja eine unglaubliche Fülle an künstlerisch hochwertigem Unikatschmuck zu entdecken, der teilweise in Galerien und Museen national und international zu sehen ist und meiner Meinung nach auch häufiger in Pforzheim Besuchern zugänglich gemacht werden sollte.

Das Format der OFFENEN ATELIERS gibt es in vielen Städten, wenn Bildende Künstler*innen ihre Türen öffnen; was die OFFENEN ATELIERS in Pforzheim auszeichnet ist die Mischung von Bildender Kunst, Design und Schmuck, die für die Besucher*innen besonders attraktiv ist.

Für die beteiligten Aussteller*innen ist es übrigens auch ein Gewinn, wenn Besucher*innen wegen des Schmucks ins Atelier kommen und mit einem Bild oder einer kleinen Skulptur unter dem Arm weiterziehen.

Pforzheim ist in der Tat mit der ortsansässigen Schmuckindustrie, Werkzeugherstellern, Gold- und Silberscheideanstalten, Goldschmiedeschule, EMMA Kreativzentrum, Schmuckmuseum usw. ein sehr attraktiver Ort für Schmuckschaffende. Es ist also nicht überraschend, dass es hier auch sehr viele Werkstätten und Ateliers gibt. Normalerweise hat man keine Einblicke in diese Ateliers und für einige Goldschmiede ist ihre Werkstatt sicher etwas, das sie vielleicht auch nicht unbedingt einem breiten Publikum öffnen oder einen Mitaussteller einladen möchten. Wie motivieren Sie Ihre Teilnehmer dazu mitzumachen? Oder müssen Sie es gar nicht?

Tatsächlich ist es so, dass eher die Bildenden Künstler Kolleg*innen aller Sparten in ihre Ateliers einladen, wie zum Beispiel der Bildhauer Eckhard Bausch, der einen Fotografen und drei Künstler aus dem Bereich Schmuck und Gerät zu sich ins Atelier einlud.

Bei mir im Atelier waren es zwei Künstlerinnen aus dem Bereich der Fotografie und der Skulptur und drei Schmuckschaffende. Es geht dann zwar etwas enger zu, macht aber auch sehr viel mehr Spaß.

Ich kann es gut verstehen, das Schmuckschaffende eher an anderen Orten als dem eigenen Atelier ausstellen: Dort befindet sich oftmals wertvolleres Material als zum Beispiel in einem Malatelier. Und wo genau der Tresor steht, geht auch niemanden etwas an.

Zu Ihrer Frage wie ich Teilnehmer*innen zum Mitmachen animiere: ich habe den Eindruck, dass die meisten sehr froh sind, dass es die OFFENEN ATELIERS in Pforzheim gibt. Deshalb bedarf es keiner großen Überredungskunst weitere Akteure zu gewinnen. Mit jedem Jahr werden es mehr.

Was uns an dem Format der offenen Ateliers im Vergleich z.B. zu einer Messe gefällt ist, dass sich die Aussteller und Besucher auf Augenhöhe begegnen. Der Zeitdruck ist nicht da, das Gespräch ist viel persönlicher. Wahrscheinlich wird hierbei nicht so viel Schmuck wie auf einer Fachmesse verkauft, aber dafür wird die Bekanntheit gesteigert, was vielleicht später zum Kauf eines Schmuckstücks oder Bildes führt. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass sich aus den persönlichen Begegnungen während der Offenen Ateliers spätere Verkäufe entwickeln können oder, dass Einladungen zu weiteren Ausstellungen erfolgen.

Für die „Anfänger“, das heißt die Jüngeren, die noch in Ausbildung oder Studium sind, ist es eine sehr schöne Möglichkeit sich in der Präsentation und u.U. im Verkauf zu üben.

Auch dieses Jahr waren überregionale Aussteller, wie der Schmuckdesigner Sébastien Carré aus Straßburg vertreten. Was natürlich eine tolle Bereicherung für das Event ist. Können Goldschmiede / Schmuckdesigner aus anderen Regionen bei den OFFENEN ATELIERS in PFORZHEIM ausstellen? Wie kann man sich bei Ihnen anmelden?

Die OFFENEN ATELIERS in Pforzheim öffnen vor allem Gästen aus der Kulturregion Nordschwarzwald, d.h. Pforzheim als Oberzentrum, Enzkreis und den Landkreisen Calw und Freudenstadt ihre Türen.

Da ich aber der Meinung bin, dass wir immer ein klein wenig über unseren Tellerrand hinausschauen sollten, lade ich  in mein Atelier auch gerne Gäste aus dem nahen Ausland ein, wie zum Beispiel Sébastien Carré aus Strasbourg und Sylvia Hosteller aus Bern  und freue mich dann über Besucher*innen, die aus der Schweiz oder aus dem Elsass den Weg nach Pforzheim finden.

Gerne können also auch Gäste aus anderen Regionen bei den OFFENEN ATELIERS in Pforzheim mitmachen, wenn sie bei Kolleg*innen in den Ateliers unterkommen und wenn sie die Teilnahmebedingungen erfüllen. Für Bildende Kunst und Design sind folgende Anforderung notwendig: Ein Studium an einer staatlich anerkannten Kunstakademie oder Hochschule für Gestaltung oder Mitgliedschaft im BBK oder in der GEDOK und zudem eine nachweislich kontinuierliche Ausstellungstätigkeit mit Einzel- und Gruppenausstellungen im anerkannten Kunstbetrieb

Und für Schmuckschaffende eine qualifizierte Ausbildung oder Studium an einer Hochschule.

Sie veranstalten den Tag die OFFENEN ATELIERS in Pforzheim seit 2017. Wie nehmen Sie die Entwicklung in den letzten Jahren wahr? Welche Highlights nehmen Sie von dem diesjährigen Event mit?

Angefangen habe ich mit der Organisation der OFFENEN ATELIERS anlässlich des Jubiläums 250 Jahre Schmuck in Pforzheim im Jahr 2017 und zwar in diesem Jahr ausschließlich mit Schmuck.

Ab 2018 waren dann die Bereiche Bildende Kunst und Design mit dabei.

Durch Corona hat sich das Besucherverhalten geändert. Vor allem viele Ältere meiden nach wie vor größere Veranstaltungen oder engere Räumlichkeiten. Vielleicht haben sich viele auch daran gewöhnt, weniger auszugehen. Ich hoffe, dass sich dies bald wieder ändert.

Die diesjährigen Highlights? Über die ganze Stadt verteilt gab es so viel spannende Arbeiten und Orte zu entdecken, teilweise wunderbar inszenierte Ausstellungen, dass es mir schwer fallen würde jetzt einige hervorzuheben.

Ein Highlight ist es immer, wenn neugierige, aufgeschlossene Besucher*innen in die Ateliers kommen und sich Besucher angeregt miteinander redend und mit dem Faltplan in der Hand durch die Stadt ziehen auf der Suche nach dem nächsten Atelier.

Schön fand ich auch, dass sich unter den Ausstellenden sehr nette Gemeinschaften gebildet haben, die gut miteinander können und weiterhin gemeinsame Aktivitäten starten wollen und die Vernetzung untereinander klappt

Also können wir davon ausgehen, dass der Tag der offenen Ateliers auch nächstes Jahr stattfindet?

Sicherlich wird es auch im kommenden Jahr wieder die OFFENEN ATELIERS in Pforzheim geben.

Wir freuen uns auf jeden Fall darauf. Und für alle Interessierten gibt es mehr Infos unter:

http://offeneatelierspf.de/

Veranstaltungen dieser Art sind eine großartige Möglichkeit, Schmuck einem breiteren Publikum zu präsentieren und die Bekanntheit zu steigern. Vielleicht gibt es ähnliche Veranstaltungen auch in Ihrer Region.