Anwendungstipps für Galvano-Spezialisten und -Newcomer

Mit über drei Jahrzehnten im dentalen Markt hat sich Galvanoforming erfolgreich etabliert. Dazu berichtet bereits im Blogbeitrag „Warum Galvanoforming in der Prothetik unerlässlich ist.“. Doch trotz der vielen Vorteilen dieser Technik wie z.B. eine hohe Passung und gute Gleiteigenschaften vor allem bei der Herstellung von Doppelkronen bleibt Galvano für viele Zahntechniker und Zahntechnikmeister eine Herausforderung. Wieso das so ist und wie man diesen Herausforderungen entgegensteuert, kann nur ein echter „Galvanoianer“ erklären. Zahntechnikmeister Björn Pfeiffer setzt sich bereits seit 2002 im Labor mit Galvanoforming auseinander und teilt gerne seine praktische Erfahrung im Interview weiter.

Galvanotechnik ist herausragend – doch wieso führt sie immer noch ein Nischendasein in zahntechnischen Laboren?   

Ich denke, das ist einigen Misserfolgen geschuldet, zumindest folgere ich das aus der mir oft gestellten Frage „Was macht ihr bei Verlust der Haltekraft?“. Man muss sich erstmal mit der Technik auseinandersetzen, bevor man erfolgreiche Ergebnisse erzielen kann. Über die Jahre haben wir einen Leitfaden für uns erstellt. Dieser garantiert zum einen uns den Erfolg. Und zum anderen bekommt der Patient eine sehr gute Versorgung, an der er noch jahrzehntelang Freude haben wird. Den Leitfaden teile ich gerne am Ende des Interviews mit allen Interessierten.

Und wie antworten Sie auf die häufige Frage: „Was macht ihr bei Verlust der Haltekraft?“

Eine ordnungsgemäß erstellte Galvanoarbeit gewinnt über die Jahre minimal an Haltekraft, da sich die Galvanomatrizen infolge der Kaubelastungen noch etwas mehr an die Primärkronen anschmiegen. Der Hauptgrund für Halteverlust sind aufgebogene Galvanomatrizen. Das führt wiederum darauf zurück, dass man an der Tertiärstruktur nicht präzise genug gearbeitet hat oder die Pfeilerverteilung ungleichmäßig war.

Folglich muss man von Anfang an präzise arbeiten, denn nur das garantiert eine langlebige Haltekraft. Aber dieses Prinzip der Präzision trifft bei allen Techniken in der Zahntechnik zu.

Wo setzten Sie Galvanoforming hauptsächlich ein?

Tatsächlich in der Doppelkronentechnik hat sich diese Technik besonders gut bewiesen. Sie findet jedoch auch Anwendung beim Erstellen von Greifswalder-Verbundbrücke. Bei dieser schützt man den Pfeilerzahn, welcher über eine festsitzende Brücke mit einem Implantat versorgt/verbunden wird, mit einer gleichmäßig, hauch dünnen Galvanokappe.

Und genauer – bei Teleskop oder Konuskrone? Und welchen Winkel muss man dabei einhalten?

Ich bevorzuge einen zirkulären Konuswinkel von 2°, somit ist ein Teleskop – trotz Stufe – kein Teleskop mehr. Bei Implantatversorgungen weiche ich nie davon ab. Bei normalen Pfeilerzähnen mit unzureichender vertikaler Höhe kommt es vor, dass ich den Konus verringere oder sogar in sehr seltenen Fällen zwei gegenüberliegende Flächen auf 0° setze. Das ist jedoch die Ausnahme! Auch wenn die CAD/CAM-Technik teilweise schon sehr gute Passungen erreicht, ist die Präzision einer Galvanomatrize bisweilen ungeschlagen. Die Galvanoschicht wird, nur von einer hauchdünnen, mit einer Airbrush- Pistole aufgetragenen Silberleitlackschicht getrennt, direkt auf die Primärkrone aufgetragen. Es kommt aufgrund der exakten Passung der zueinander liegenden Flächen zu Adhäsions- und Kohäsionskräften. Eine zusätzliche 0°-Fräsung würde das Trennen der aufeinanderliegenden Flächen sehr erschweren und somit den Komfort für den Patienten mindern. Demzufolge ist davon abzuraten.

Haben Sie noch weitere Anwendungstipps bei der Erstellung von Galvanokronen?

Ja, ich würde gerne an dieser Stelle das Weigl-Protokoll aufführen. Wir erarbeiten keine Galvanoarbeit ohne Weigl-Protokoll und erst recht keine Implantatarbeit – unabhängig davon, ob mit Gold oder edelmetallfrei gearbeitet werden. Der Grundgedanke des Protokolls liegt darin, dass sowohl die Primär- als auch die Sekundärstruktur in ihrer absolut besten Position zementiert oder verklebt wird. In der klassischen Teleskoptechnik wird dazu geraten, Primär- immer mit der Sekundärstruktur zusammen einzugliedern oder in Position zu drücken, um die Funktion des Zahnersatzes zu gewährleisten. Beim Arbeiten mit dem Weigl-Protokoll wird jede Primärkrone einzeln eingegliedert und versäubert. Randschluss und Passung der Primärkrone entscheiden über deren Sitz. Anschließend werden die Galvanogerüste, also die Sekundärstrukturen, aufgesetzt, und es erfolgt ein Verkleben mit einer Überstruktur, der Tertiärstruktur. Diese stabilisiert zum einen die Galvanomatrizen und sorgt zum anderen für den Passiv-Fit der gesamten Struktur. Voraussetzung ist jedoch, dass die Tertiärstruktur absolut spannungsfrei auf den Galvanomatrizen liegt.

Einige Zahntechniker sagen, dass der zusätzliche Arbeitsaufwand des Galvanisierungsverfahrens sich nicht lohnt. Auch wenn galvanisierte Goldsekundärteile durch die dünne Schichtstärke geringeren Materialeinsatz fordern und somit wirtschaftlich vorteilhafter sind.

Nach 17 Jahren Galvanotechnik ist diese Technik erfahrungsgemäß nicht das „Allzweckmittel“ für jeden Doppelkronenzahnersatz, genauso wenig, wie es beispielsweise die Vollkeramik im festsitzenden Bereich ist. Bei schwierigen Abutmentgeometrien, die aus der Korrelation zwischen der Implantatposition und der Prothetik entstehen und die daher nur schwer guss- oder CAD/CAM-technisch umzusetzen sind, sowie bei Pfeilerzähnen, die zwar einen leichten Lockerungsgrad aufweisen, aber als erhaltungswürdig betrachtet werden, ist die Galvanotechnik die erste Wahl. Das Zusammenspiel maximaler Passung, perfektem Passiv-Fit der Gesamtstruktur und die geringe, planbare Materialstärke sind Garanten für einen funktionierenden und ästhetisch schönen Zahnersatz.



Wenn man sich ein Galvanogerät anschaffen möchte, welche Kriterien spielen dabei eine wichtige Rolle?

Eine der wichtigsten Kriterien sollte sein, dass das Gerät die Goldkonzentration während des Galvanisierens im Bad stets aufrechterhält. Somit werden eine ausgezeichnete Qualität und Festigkeit der Galvanogerüsten von Beginn an garantiert.

Außerdem finde ich die Funktion sehr praktisch, wenn man beim Galvanogerät für jedes Galvanogerüst die Optionen einzeln ansteuern kann. Selbst wenn bereits Gerüste sich im Galvanobad befinden, können neue Gerüste hinzugefügt werden. Dabei kann man die Wandstärke immer noch individuell entscheiden.   

Vielen Dank für das Gespräch! Und zum Schluss, wie bereits von Herrn Pfeiffer versprochen, ein kurzer Leitfaden für alle werdende Galvanoianer:

1. Die Pfeilerverteilung muss ausreichend und gleichmäßig sein. Sechs Pfeiler sind das Minimum.

2. Die Primärkronen/Pfeiler müssen eine absolut glatte Oberfläche aufweisen und dürfen keinerlei Kanten haben. Besonders bei Abutments neigen viele zu kantigen Geometrien. Eine Hohlkehle ist von Vorteil. Die Fräsung sollte 1 bis 2° aufweisen.

4. Die Tertiärstruktur sollte spannungsfrei passen. Wir empfehlen die Galvanomatrizen bestmöglich im Bereich der vertikalen Flächen zu fassen, um sie dort zu stabilisieren.

5. Da wir in der Galvanotechnik mit leichtem Konus, Hohlkehle und mit Adhäsion statt Friktion arbeiten, sollten man die Galvanomatrizen unbedingt intraoral verkleben, um so den bestmöglichen Passiv-Fit zu gewährleisten.

Mehr über Herrn Pfeiffer erfahren Sie unter Rauschelbach.de.

ZTM Björn Pfeiffer