Schmuck gießen: Fragen an die Gießerei Bernhard Kauselmann

Schmuck gießen

Was wäre das Goldschmiedehandwerk ohne den Schmuckguss? Auf jeden Fall anders als wir es bisher kennen.

Das Gießen zählt zu den ältesten Verfahren zur Herstellung von Schmuck. Bereits in der Antike war diese Technik bekannt. Wenn man in der Schmuckbranche vom Gießen spricht, so kann es einerseits die Formgebung eines Schmuckstücks bedeuten oder den eigentlichen Prozess des Gießens, wenn beispielsweise alter Altgoldschmuck geschmolzen und zu neuem Produkt verarbeitet wird. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Schmuckguss-Verfahren, wie der Wachsausschmelzguss oder Zinnguss, die zum Einsatz kommen.

Bis heute ist das Gießen von Schmuckstücken ein wichtiger Bereich in der Schmuckherstellung, da es den Prozess wesentlich vereinfacht, eine Gestaltungsfreiheit bietet und ein optimales Ergebnis liefert. Doch das Metallgießen muss gelernt sein, denn ohne die Fachkenntnis des Prozesses kann es kein gutes Ergebnis geben.

Wir haben Eure Fragen einer renommierten Schmuckgießerei aus Pforzheim gestellt. Die Bernhard Kauselmann GmbH beliefert die Schmuckindustrie mit individuellen Gussteilen und Halbfabrikaten aus Edelmetall. Das Unternehmen wird in zweiter Generation geführt und setzt sich auch strategisch mit dem Thema der Nachhaltigkeit auseinander. Darüber hinaus ist Kauselmann auch als Spezialist für Platinguss bekannt.

Herr Kauselmann, wir haben auf Instagram Fragen von Goldschmieden und Schmuckdesignern zum Gießen gesammelt, die wir Ihnen nun gerne stellen möchten. Die allererste Frage lautet: Was kann man bei Ihnen alles gießen lassen?

Alles was man möchte, von klassischen Gussteilen wie Ringen, Anhängern, Armreifen bis hin zu Kleinskulpturen, technischen Halbfabrikaten oder auch filigransten Modelleisenbahnteilen. Es sind immer wieder interessante Exponate dabei.

Bei der Auftragsform kann es sich um einen reinen Entwurf handeln, den unsere CAD-Abteilung in eine Konstruktion umsetzt, eine eingesandte Datei, aus welcher ein gießfähiges 3D-Druck-Modell erstellt wird oder ein bereits erstelltes Modell zum Abformen oder Ausgießen.

Dazu kommen handgefertigte Wachsunikate, die im Direktguss in Metall umgesetzt werden. Mehrfach benötigte Teile werden über Formen reproduziert.

Wann lohnt es sich für Goldschmiede, ihre Schmuckteile extern gießen zu lassen?

Es gibt unterschiedliche Faktoren, die das externe Gießen begünstigen.

Zum einen ist eine eigene Lagerhaltung von diversem Gussmaterial oftmals wirtschaftlich nicht sinnvoll. Zum anderen dürfen die Investitionen in den Ablauf eines Gussvorgangs nicht unterschätzt werden. Man darf bei weitem nicht nur die Kosten der reinen Gussanlage sehen.

Dazu handelt es sich beim Gießen um eine Chargenfertigung, d.h. schnelle, flexible, qualitativ hochwertige und kostengünstige Fertigung ist nur bei entsprechenden Mengen möglich.

Neben der Ausstattung mit dem richtigen Equipment, um Schmuckteile gießen zu können, sind auch jede Menge an Erfahrungen und Fachwissen von Nöten.

Unsere Spezifikationen und Erfahrungen ermöglichen, dass wir das Gießen von diversen Edelmetalllegierungen und unterschiedlichsten Formen, vielen Kunden anbieten können. Wir versuchen immer, in jedem Falle, die beste Qualität für die Gussteile unserer Kunden zu gewährleisten.

Welche Vorarbeiten müssen gemacht werden, bevor man überhaupt Schmuck gießen kann?

Der Gussprozess umfängt zahlreiche vorgelagerte Arbeitsschritte.

Dies können beispielsweise die Wachsteilherstellung mit modernen Wachsinjektoren oder 3D-Druckmaschinen sein. Wesentlich ist dabei, die richtige Gusskanalversorgung bereits bei der Entwicklung des Designs zu berücksichtigen. Manchmal ist dafür nur ein Kompromiss möglich, da sich an den idealen Stellen zur Gussversorgung Designelemente wie Strukturen oder Schriften befinden.

Die richtige Gusskanaldimensionierung, Positionierung sowie die Eingruppierung des Gussstückes auf dem bestmöglichen Gussbaum beeinflussen maßgeblich das Resultat.

Was bedeutet für Sie ein einwandfreier Guss?

Ein einwandfreier Guss sollte dem verarbeitenden Goldschmied Freude und keine Probleme machen.

Woher beziehen Sie das Material für das Gießen?

Wir arbeiten mit unterschiedlichen Lieferanten zusammen, u.a. mit der Gold- und Silberscheideanstalt C.HAFNER. Hier schätzen wir die Qualität der Gusswerkstoffe. Auch ist es uns aus dem Nachhaltigkeitsaspekt sehr wichtig, mit RJC-zertifizierten Partnern zu kooperieren.

Nachhaltigkeit spielt bei Ihrem Unternehmen eine wichtige Rolle. Welche Strategie verfolgen Sie?

Ein wichtiger Schritt in unserer Unternehmensstrategie war der Verzicht auf Minengold in unseren Goldstandardlegierungen. Dies haben wir bereits ab Anfang 2020 umgesetzt. Durch die Umstellung auf ausschließlich recyceltes Gold erzielen unsere Gussprodukte deutlich bessere CO2-Werte, da Minengold einen tausendfach größeren CO2-Fußabdruck bei der Gewinnung aufweist, als Recyclinggold. Außerdem gibt es weitere gute Gründe Minengold auszuschließen und stattdessen nur Feingold aus Recycling einzusetzen. So werden beispielsweise keine weiteren großflächigen Umweltzerstörungen in sensiblen Abbaugebieten vorangetrieben und es findet keine Verseuchung von Böden oder Gewässern mit Chemikalien statt.

Und wie war die Resonanz Ihrer Kunden darauf?

Diese Maßnahme kam sehr gut an. In unserer Zeit ist es nicht mehr die Frage ob man es macht, sondern wie man es macht. Und hier sind wir froh, das Thema Nachhaltigkeit mit unterschiedlichen Marktteilnehmern, wie u.a. mit C.HAFNER, aktiv anzugehen. 

Ganz im Sinne, gemeinsam mehr erreichen!

Uns bleiben nur noch drei fachspezifische Fragen übrig. Zum Ersten: Ihre Gießerei zeichnet sich durch hervorragenden Platinguss aus. Was macht den Platinguss eigentlich so kompliziert?

Platin muss bei sehr hohen Temperaturen verarbeitet werden, was die Verwendung herkömmlicher gipsgebundener Einbettmassen ausschließt. Hinzu kommt ein sehr schnelles Erstarrungsverhalten, was die Entstehung von Lunkern begünstigt. Dem versuchen wir zum Beispiel durch das Anbringen etwas stärkerer Gusskanäle entgegenzuwirken.

Wir entwickeln uns ständig technologisch weiter. Im Platinbereich gelten aber in unserer Firma auch heute noch Grundsätze, welche sich mein Vater vor über fünfzig Jahren als einer der Pioniere auf diesem Gebiet erarbeitet hat. Seinen großen Erfahrungsschatz hat er vollumfänglich an mich und meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen weitergegeben.

Was sind die Herausforderungen beim Gießen mit Vakuumgussanlagen? Es heißt des Öfteren, dass viele verschiedene Faktoren berücksichtigt werden müssen um gute, einwandfreie Ergebnisse zu erzielen.

Vakuumguss wird in unserer Firma seit der Gründung 1990 betrieben und ist jahrzehntelanger Standard. Das Gießen mit Zentrifugen kann eigentlich eher als historisch bezeichnet werden. Die vielen Vorteile des Vakuumgusses wie z.B. das hermetische Abschirmen der Schmelze vor Sauerstoff haben wir bereits früh erkannt. Die unendlichen Variationen und Geometrien von Gussteilen bedingen verschiedenste Gusstemperaturen, es kann mit verschiedenen Einbettmassen gearbeitet werden etc.

Was, wann, wie eingesetzt wird ist unser wertvollstes firmeninternes Knowhow.

Wie kommen Sie mit ausbrennbaren sla Materialien wie bluecast x1 zurecht?

Seit mehreren Jahren wird herstellerseits immer die hundertprozentige Gießfähigkeit von Rapidprototypingkunststoffen versprochen und beworben. Allerdings gilt dies aus unserer Sicht nicht für alle Verarbeitungsformen, Geometrien und Gießprozesse. Unterstützt werden unsere Erfahrungen durch die Tatsache, dass immer wieder neue Updates oder Produkte auf den Markt kommen, welche von nun an jetzt vollständig funktionieren sollen.

Wir haben uns daher hausintern entschieden in unserer eigenen CAD-Abteilung für Direktgüsse nur mit Wachsen zu arbeiten. Wachs wird beim Ausbrennprozess flüssig und muss im Gegensatz zum Kunststoff nicht in der Gießform verbrennen.

Eingesandte Teile aus bluecast werden für uns gegossen, für die Qualität des Gussergebnisses können wir aber nur eingeschränkt garantieren.

Herr Kauselmann, wir bedanken uns ganz herzlich bei Ihnen für diese spannenden Einblicke! Weitere Informationen zur Gießerei Bernhard Kauselmann finden Sie unter: kauselmann.com