Die Ressourcen unserer Welt sind endlich. Der Abbau von Gold in Minen hat erhebliche Folgen für Mensch und Umwelt.
Doch es geht auch anders. Denn die Welt verfügt über immense Ressourcen an bereits verarbeitetem Gold. Weltweit sind Milliarden von elektronischen Geräten oder Altschmuck im Umlauf. Diese wieder nutzbar zu machen, ist der Ansatz von Urban Mining. Denn durch fachgerechtes Recyceln kann vorhandenes Gold wieder im Umlauf gebracht und wieder verwendet werden.
Dazu bedarf es eines breiten Bewusstseins für die Werthaltigkeit der Ressourcen, deren Aufarbeitung und des positiven Impacts auf unsere CO2-Bilanz. Denn recyceltes Gold hat einen wesentlich kleineren CO2-Fußabdruck, als primär gewonnenes Gold aus Minen (bei Schmuck sogar 99,8% weniger). Ein wichtiger Grund: Sekundärgold kann immer wieder in den Wertstoffkreislauf eingebracht werden.
Um das Bewusstsein und die Recyclingquote zu fördern, hat die Schmuckdesignerin und Aktivistin Guya Merkle den World Gold Day am 15. November ins Leben gerufen.
Wir haben die Initiatorin des WGD befragt, was es damit auf sich hat:
Frau Merkle, was hat Sie dazu bewogen, den World Gold Day ins Leben zu rufen?
Den World Gold Day ins Leben zu rufen, war quasi eine logische Konsequenz meiner Vision hin zu einem besseren Umgang der Ressource Gold im Allgemeinen.
Ich glaube fest daran, dass wir gemeinsam Veränderung schaffen können und dass Produkte, wie zum Beispiel Schmuck, einen wahnsinnigen Impact schaffen können, wenn wir Nachhaltigkeit in das Zentrum unseres Schaffens stellen.
Nach einer Reise in eine Small Scale Mining Community in Uganda wurde mir schnell bewusst, dass es der reine Wahnsinn ist, was hier auf dem Spiel steht für einen Ertrag von nur wenigen Kilo Gold im Jahr. Ich fragte mich, was denn passieren würde, wenn man das Gold einfach in der Erde lässt und stattdessen Gold aus sekundären Quellen fördert. Schnell wurde klar, dass das per se eine gute Überlegung war, aber eben in der Umsetzung daran scheiterte, dass noch viel zu viel Gold ungenutzt herumliegt.
Der World Gold Day soll dies ändern. Er soll ein breites Bewusstsein schaffen, für die Möglichkeiten der Kreislaufwirtschaft, dem sogenannten Urban Mining. Er soll aufzeigen, was jeder von uns beitragen kann, indem wir Rohstoffe wie Gold immer wieder in den Kreislauf bringen. Ein altes Handy zu spenden oder eben sein Altgold abzugeben, kann unheimlich viel Impact schaffen. Darauf möchte der World Gold Day aufmerksam machen.
Welche Ziele verfolgen Sie?
Viele Menschen wissen gar nicht, was Gold alles für großartige Eigenschaften hat und dass es perfekt dazu geeignet ist, immer wieder verwendet zu werden. Deshalb liegen einfach sehr viele elektronische Geräte sowie Altgold in Form von Schmuck in den Schubläden und Safes dieser Welt. Das wollen wir natürlich gerne ändern, indem wir Menschen dazu inspirieren mitzumachen und Altelektrogeräte, sowie Altgold dem Kreislauf zurück zu führen. Dafür müssen natürlich auch Anreize geschaffen werden, damit die Recycling-Rate erhöht wird und mehr und mehr Rohstoffe aus Sekundärquellen geschöpft werden können.
Diese Anreize schaffen wir über die Aufklärung und die Fakten rund um die Ressource Gold aber eben vor allem auch über die Möglichkeiten, die wir haben, einen bewussten und nachhaltigen Umgang damit zu schaffen. Das Positive in den Vordergrund zu stellen, ist unsere Mission.
Wie ist die Resonanz aus dem Markt?
Tatsächlich ist die Resonanz sehr schön. Viele Menschen sind begeistert von dem Ansatz und vor allem dankbar für den Input. Gerade die immer noch sehr niedrige Recyclingquote macht es vielen Akteuren auf dem Markt noch schwierig, so dass es sehr viel Unterstützung gibt. Gerade auch bei der Handysammel-Aktion sehen wir tolle Erfolge und freuen uns sehr über die Partnerschaft mit Teqcycel und der Telekom.
Aber auch das Netzwerk rund um den World Gold Day nimmt zu, so dass wir auch immer mehr prominente Gesichter gewinnen können, die auf die Thematik aufmerksam machen.
Sie sind selbst Schmuckdesignerin. Die deutsche Schmuckindustrie und vor allem die Schmuckdesigner verarbeiten aus Tradition fast ausschließlich Gold aus Recycling. In der Kommunikation mit Kunden kommt dies jedoch so gut wie gar nicht vor. Wie nehmen Sie das Interesse in der Schmuckbranche wahr?
Durchweg positiv. Nichts desto trotz scheuen sich manche Akteure noch vor dem Wort Recycling, da dieses ja leider nicht immer so hochwertig aufgeladen ist. Daher finde ich die Bezeichnung „Urban Mining“ ja auch so passend. Es zeigt genau auf, worum es beim Recycling geht und schafft eine tolle Assoziation.
Ich bin guter Dinge, dass wir gemeinsam als Industrie in Deutschland noch sehr viel bewegen können, indem wir nicht nur aufklären und den Begriff weiterhin positiv aufladen, sondern eben auch ein Zeichen setzen, dafür, dass wir unsere Verantwortung übernehmen, weiterhin an dem Ausbau der Recycling-Quote arbeiten und zudem auch noch einen Impact zu schaffen für die Menschen, die nach wie vor noch vom sogenannten Small Scale Mining abhängig sind.
Ihre Kampagne ist bisher auf Handys ausgelegt. Wir freuen uns sehr, mit Ihnen zu kooperieren, um Altschmuck zu recyceln. Was erwarten Sie von der Ausweitung der Kampagne auf den Bereich Altschmuck?
Ich bin so begeistert von dieser Zusammenarbeit, da ich denke, dass hier wahnsinnig viel Potenzial liegt. So viele Menschen haben Altschmuck zu Hause liegen, den sie nicht mehr tragen, aber sie wissen nicht wohin damit. Es ist ja auch ein großes Vertrauensthema. Also bleibt er oft dort liegen und damit ist ja eben wenig gewonnen. Es ist eine so schöne Win-Win-Situation für alle Beteiligten, vertrauenswürdige Wege aufzuzeigen, wie man sein Altgold zurückgeben kann, damit etwas Gutes tut und darüber hinaus mit dem frei gewordenen Budget eventuell sogar noch etwas Schönes für sich aussuchen kann.
Doch auch Goldminen können nach internationalen Standards zertifiziert werden. Und der Kleinminenabbau sichert das Einkommen vieler Familien. Worin unterscheiden Sie sich?
Hier geht es uns vor allem um die Wahlmöglichkeit.
In zertifizierten Kleinminenabbau sind die Bedingungen natürlich viel, viel besser, als in Kleinminen, die nicht zertifiziert sind. Wenn Menschen sich dazu entscheiden in einer Kleinmine Gold abbauen zu wollen, und diese Mine auch ethische Standards einhält, ist dagegen natürlich nichts zu sagen.
Aber oft ist dem leider nicht so. Zudem handelt es sich ja bei Gold auch um einen endlichen Rohstoff, so dass es durchaus zukunftsweisend ist, sich mit den Alternativen zu beschäftigen.
Unser Ansatz ist es, mit Kleinminen zusammen zu arbeiten, die von Natur aus nicht sonderlich ertragreich arbeiten, aber trotz allem sehr viel negativen Impact auf Natur und Menschenrechte haben.
Hier schauen wir, dass wir gemeinsam mit den Akteuren vor Ort Alternativen und nachhaltige Einkommensquellen fördern und stärken, so dass vor allem Frauen und Jugendliche sowie natürlich auch Männer die Möglichkeit haben, vom Goldabbau wegzukommen.
Aktuell haben wir in Uganda ein tolles Imkerei Projekt aufgesetzt, so dass die Community vor Ort quasi flüssiges Gold (Honig) anbaut und so gute Chancen hat, vom schädlichen Goldabbau wegzukommen.
Wie transportieren Sie diese Botschaft in die Öffentlichkeit?
Das versuchen wir vor allem über unser tolles Netzwerk an prominenten Gesichtern und Influencern sowie der gängigen Presse zu schaffen.
Wir haben ganz großartige Unterstützer und Partner, die uns helfen, diese Botschaft zu verbreiten.
Social Media spielt natürlich gerade heut zu tage auch eine große Rolle, so dass wir diese Kanäle natürlich auch bedienen. Alles in allem kann man eine so wichtige und tolle Bewegung nie alleine schaffen, sondern immer nur zusammen und es ist wirklich so toll zu beobachten, wie gerne unsere Arbeit geteilt und unterstützt wird.
Wie können wir Endverbraucher stärker für dieses wichtige Thema sensibilisieren?
Ich denke, das ist in erster Linie die Aufklärung über die Thematik, aber eben vor allem auch darüber, Lösungen aufzusteigen und Anreize zu schaffen.
Wenn dem Endverbraucher klar wird, dass es hier nicht um den Verzicht geht, sondern im Gegenteil eher darum, Impact zu schaffen, indem man zum Beispiel sein kaputtes Telefon spendet oder seinen Erbschmuck abgibt, um sich etwas Schönes Neues zu gönnen oder etwas umarbeiten zu lassen, dann wird schnell klar, dass man mit seinem Schaffen richtig etwas bewegen kann.
Dafür müssen wir inspirieren und mit gutem Beispiel voran gehen und einfach Schritt für Schritt gemeinsam etwas verändern.
Vielen Dank für das interessante Gespräch, Frau Merkle. Mehr Informationen zum World Gold Day finden Sie unter http://worldgoldday.com
Über Guya Merkle:
Guya Merkle ist eine deutsche Unternehmerin, Schmuckdesignerin und Aktivistin. Sie gründete 2012 nach einer Reise zu einer Goldmine in Peru die Earthbeat Foundation, die sich für einen nachhaltigen Umgang der Ressource Gold einsetzt. 2015 folgte dann die Marke VIERI Fine Jewellery, die als Rohstoff nur recyceltes Gold verwendet u.a auch Gold, welches aus alten Mobiltelefonen stammt.
2019 rief Sie den World Gold Day ins Leben. Gemeinsam mit prominenten Gesichtern macht sie dabei auf Urban Mining aufmerksam und wie jeder einzelne etwas zu der Zukunft des Rohstoffes Gold beitragen kann.
Guya Merkle wurde 1986 in Pforzheim geboren und wuchs in einer Schmuckproduzenten Familie auf. Sie arbeitet mittlerweile in der 3. Generation und setzt sich in allem was Sie tut für einen nachhaltigen Umgang innerhalb der Schmuckindustrie ein.
Ihr Schaffen richtet sich dabei immer um Impact, Zukunft und Nachhaltigkeit.