„Vom Zahnbenutzer zum Zahnbesitzer“ – Der Zahn Kompass

Der Zahn Kompass

Auf einer dentalen Veranstaltung kamen wir mit Herrn Dr. med. dent. Detlef Schulz ins Gespräch über ein wichtiges Thema, welches beinahe jeden Zahnarzt beschäftigt: Wie können wir unsere Patienten besser über die Zahngesundheit informieren? Im beruflichen Alltag ist es aufgrund der zeitlichen Begrenzung fast unmöglich, über wichtige zahnmedizinische Angelegenheiten mit dem Patienten tiefgründig zu sprechen. Wie können wir also unseren Patienten helfen? Diese Frage hat sich Herr Dr. med. dent. Schulz bereits in den früheren 2000ern Jahren gestellt und einige Projekte dazu gestartet. 2021 erschien die neue Auflage seines Buches „Der Zahn Kompass“, in dem er die wichtigsten Themenschwerpunkte behandelt. Sehr gerne möchten wir in einem exklusiven Interview mit Herrn Dr. med. dent. Schulz dieses lehrreiche Buch vorstellen und weitere Fragen rund um das Zahnbewusstsein der Patienten behandeln. 

Herr Dr. Schulz, seit 1994 führen Sie Ihre Zahnarztpraxis in Essen. Was hat Sie bewogen, sich neben Ihrer Profession auch der Schriftstellerei zu widmen?

In jedem beruflichen Werdegang gibt es mögliche Stufen. Die ersten 10 Jahre waren geprägt durch Aufbau, Weiterbildung und Schwerpunktbildung. Doch wie alle sich wiederholenden Tätigkeiten entsteht eine Art Gewöhnung. Die 28(plus 4) Zähne zeigen morphologisch vielleicht individuelle Besonderheiten, ähneln sich jedoch letztendlich. Die Reparaturmedizin war in den 90er Jahren Standard. Prävention für viele Patienten noch etwas Mystisches. Um Bewusstsein für die Möglichkeiten jenseits des Zahnsteinentfernens zu schaffen, gab es zunächst „PZR Schnuppertermine“.

Das heißt ein Unterkieferquadrant wurde als Appetizer auf Hochglanz gebracht, sollten die restlichen Zähne auch gemacht werden, erfolgte dies gegen dementsprechende Privatliquidation. Seitdem hat sich viel getan. Doch das Zahnbewusstsein vieler Menschen konnte nicht mit dem wissenschaftlichen Fortschritt mithalten.

Sie meinen also, dass heutzutage die Menschen sich zu wenig mit ihrer Zahngesundheit beschäftigen?

Die Vorurteile der Patienten der modernen Zahnheilkunde gegenüber sind immer noch von mannigfaltigen Mythen und Ängsten geprägt. Die Zahnfee, Schmerzen und Angst, das sich ausgeliefert fühlen sind immer noch in der Generation 40 Plus weit verbreitet.

Aus diesem Grund haben Sie dann interessante Projekte ins Leben gerufen und Bücher verfasst.  Würden Sie das näher erläutern?

Mein erstes Projekt startete ich in den frühen 2000ern mit dem „www.weisheitszahnorakel“. Japanische Zen Sprüche verknüpft mit dem magischen Weisheitszahn. Etwas zum Schmunzeln und nachdenken. Nebeneffekt war, meine Praxiswebseite hatte nach 2005 mehr als 3000 monatliche Besucher und wurde durch Google dementsprechend gewürdigt. Dann näherte sich mit dem Jahr 2014 die Frage, was gibt´s zum 20- Jährigen Praxisjubiläum? Das Ergebnis: ein deutschsprachiger Gedichtwettbewerb rund um das Thema Zähne. Mehr als 600 Gedichte erreichten mich aus der ganzen Welt. Von Santiago de Chile bis Shanghai. Was lag näher als den ersten Gedichtband zum Thema Zähne in Buchform zu veröffentlichen. „Auf den Punkt gebrach“t erschien mit Sponsorenhilfe im Verlauf des Jahres 2014. Dafür interessierten sich TV und Printmedien, was letztendlich durch einen Sonderpreis von „Prodente“ bedacht wurde.

Zum 25jährigen Praxisjubiläum stand für mich fest: Eine verständlich und anschaulich produzierte Videoproduktion zu den Kernthemen und ein Begleitbuch soll es sein

Unter dem Autoren Pseudonym „Doktor Det – The Dental Mission“ erschien 2019 das Buch „Der Zahnkompass“. Ehrlich gesagt war ich es nach mehr als 20 Jahren leid immer wieder das gleiche zu erklären.

Was können Sie uns über den Inhalt Ihres aktuellen Buches „Der Zahn Kompass“ erzählen?

Wenn sie eine Umfrage in einer Fußgängerzone zu zahnärztlichen Alltagsbegriffen machen würden, wieviel Menschen könnten z. B. die Thematik Inlay/ Onlay  erklären?

Es gibt natürlich Google, doch Hand aufs Herz, wer beschäftigt sich in seiner Freizeit proaktiv mit der Haltbarkeitsprognose der Molaren bei 3,5 mm horizontalem Knochenabbau. Also habe ich einen verständlichen Ratgeber geschrieben, der bei den Menschen einen neuen Bewusstseinsrahmen setzten kann. Eine Heldenreise hilft bei der Entdeckung der Mundhöhle.

„Angstfrei- Mutig- Aufgeklärt“ oder wie die Patientin oder der Patient im Jahr 2021 vom Zahnbenutzer zum Zahnbesitzer transformiert.

Welchen Stellenwert messen Sie der zahnärztlichen Aufklärung der Patienten bei? Sind Sie der Meinung, dass die allgegenwärtigen Medien ausreichend sind oder ist da aus Ihrer Sicht mehr zu tun?

Jede Kommunikation verfolgt ein Ziel. Gerade im zahnärztlichen Umfeld ist das offensichtlich.

Die Praxiswebseite soll auf die besonderen Leistungen der Praxis hinweisen. Versicherungen beleuchten naheliegend ihre speziellen Tarifmodelle. Die Standesvertretungen fokussieren sich auf die Erfüllung der Rahmenbedingungen. Das BGM hatte die Aufgabe den Ressourcenmangel zu verwalten und ausreichend zweckmäßig zu argumentieren. Das zeitlich nicht begrenzte Aufklärungsgespräch wird im Alltag mit max. 20 Euro honoriert.

Doch wer sollte im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen?

Genau! Der Mensch, der seine Mundgesundheit in unsere Hände legt, der uns vertraut.

Der Gesundheitsausschuss der Europäischen Union hat schon früh die besondere Aufklärungspflicht der Zahnärzte definiert. Im Patientenstärkungsgesetz 2013 fand es rechtliche Grundlage.

Der Zahnkompass ist so verfasst, dass der Patient elegant mit in die Verantwortung genommen werden kann und dabei noch einiges lernt. Der Fokus ist dabei auf die persönliche Angstüberwindung gelegt.

Ein bisschen spezieller gefragt: Wenn es um Zahnersatz geht, welche Rolle spielt Ihrer Ansicht nach die Wahl der verwendeten Werkstoffe?

Die statistische Lebenserwartung einer Frau liegt momentan bei durchschnittlich 84 Jahren, die eines Mannes bei 79.

Zwei Zahnärzte zu einem Befund haben überspitzt gesagt nicht selten mehr als 3 Meinungen. Also sind Erfahrungen und aktuelle wissenschaftliche Bewertungen entscheidende Beratungsargumente.

Ich habe beispielsweise meine Molaren im Studium von Kommilitonen mit Goldinlays und Gold 3/4 Kronen sehr aufwendig sanieren lassen. Und sie sind heute noch sekundärkariesfrei im Mund.

Meine Motivation, diese aus kosmetischen Gründen im nichtsichtbaren Bereich austauschen zu lassen ist naheliegender Weise nicht sehr hoch. Wir sprechen von einer Benutzungszeit von 34 Jahren. Ich kenne die aktuellen Ausbildungsinhalte der klinischen Ausbildung nicht. Ob die Präparation von Goldinlays auf der Liste weit oben steht, mag ich nicht zu beurteilen.

Ende der 90 er Jahre wurden gerade bei Beamten Inlay-Onlay-Straßen im Seitenzahnbereich gemacht. Die Versicherungen waren damals, nennen wir es vorsichtig, sehr großzügig. Also redeten wir bestimmt nicht über den Preis. Es wurde einfach umgesetzt. Die Patienten wissen diesen Haltbarkeitsvorteil heute durchaus zu schätzen.

Natürlich ist die Technik weitergegangen und meine ist Praxis mittlerweile im digitalen Workflow angekommen.

Manche Ansätze haben es verdient, nicht in Vergessenheit zu geraten. Die Fortschritte der Adhäsivtechnik verfolge ich mittlerweile 30 Jahre und bin ein Fan von minimalinvasiven Techniken. Seit Praxisgründung sind 27,5 Jahre vergangen. Ich durfte mehr als 14.500 Patienten zwischen 2 und 102 Lebensjahren behandeln. Die technischen und medizinischen Möglichkeiten haben sich analog der Entwicklung der Mobiltelefone enorm weiterentwickelt.

Doch was ist beim Patienten davon angekommen? Schon Dr. Dr. Weitkamp, Ehrenpräsident der deutschen Zahnärzteschaft, hat in den 90 er Jahren die Initiative „Sprechende Zahnheilkunde“ gestartet.

Der Wert des Patientengespräches ist seitdem nicht wesentlich angepasst worden.

Genau da kann der „Zahnkompass“ ansetzen. Zahnbewusstsein erzeugen, Selbstverantwortung einfordern und Compliance auslösen. Eben „Angstfrei-Mutig-Aufgeklärt“.

Und wo kann der Interessent das Buch erwerben?

Um durch Kreativität und größtmögliche Variabilität alle Vervielfältigungswege offen zu halten, hatte ich mich dazu entschieden, das E-Book bei Amazon zu veröffentlichen. Die Printversion wird es vorerst nur als Autorenedition geben. Über die Webseite www.der-zahn-kompass.de ist die neueste Auflage erhältlich. Wer seinen Patienten neutralgehaltenen dentalen Inhalt schmackhaft machen möchte kann mir gerne eine Mail senden. Ab einer zu vereinbarenden Größenordnung kann durch meine Agentur eine neu gelabelte Lizenzedition individuell angepasst werden. Da die Rechte bewusst nicht an einen Verlag abgetreten wurden, sind sämtliche personalisierte Lösungen vorstellbar. Selbstverständlich gilt das auch für andere Anbietergruppen im dentalen Marktumfeld.

Bei allen Ausgaben sind die dazugehörigen professionell erstellten Themenvideos inkludiert. Diese entführen die Menschen auf eine unterhaltsame Weise in unser Dentaluniversum.

Gibt es bereits ein neues Projekt und können Sie darüber schon etwas verraten?

Vor dem Hintergrund der Sensibilisierung für gesundheitliche Belange kann es der Zahnmedizin jetzt gelingen, eine nachhaltige gesellschaftliche Neuausrichtung auszulösen. Die neue Definition in der Parodontologie ist schon ein großer Schritt in die richtige Richtung. Arzt und Patient werden angehalten über den Rand des Zahnfleischsaumes die Stoffwechselprozesse mit in die klinische Betrachtung einzubeziehen. Der Anteil Arzt im Zahnarzt wird gestärkt.

Unter dem Pseudonym „Doktor Det“ sind bereits mehrere Impuls Veröffentlichungen in den einschlägigen dentalen Printmedien erschienen. In einem Gedicht aus dem Wettbewerb lauten die Abschlusszeilen,“ Ich bin Zahnarzt und ich bin es gern“. 30 Jahre nach meinem Examen bin ich Zeitzeuge der unterschiedlichsten Wege und Konzepte geworden. Eins ist sicher, Reformen kommen und gehen, wir bleiben.

Aktuell biete ich innovativen dentalen Unternehmen die Möglichkeit, sich an einem Thinktank für die Zukunftspraxis zu beteiligen.

Zusammenfassend gibt es in meiner Wahrnehmung keinen vergleichbaren Beruf im ärztlichen Sinne, der mit den Patienten so viel Zeit bei wachem Bewusstsein verbringt und so direkt Resultate generiert.

Herr Dr. Schulz, ganz herzlichen Dank für das Gespräch!