Immer wieder werden wir als Gold- und Silberscheideanstalt mit dem Einwand konfrontiert: Minengold könnte ja in den Recyclingprozess gelangen und dann als ökologisch und sozial einwandfreies Recyclinggold in den Wertstoffkreislauf eingeführt werden. Unsere einfache Antwort darauf lautet: Wir identifizieren Minengold noch vor dem Recyclingprozess in unserem Labor und schicken es wieder an den Kunden zurück. So schließen wir aus, dass es in den Recyclingprozess gelangt. Wie das genau funktioniert, erfahren Sie im folgenden Blogbeitrag. Bitte beachten Sie, dass wir uns dabei ausschließlich auf das Recycling bei C.HAFNER beziehen.
Wieso muss Minengold vor dem Recyclingprozess ausgeschlossen werden?
Minengold oder auch Primärgold ist Recyclinggold aus ökologischer Sicht unterlegen, da es Ø ca. 1000mal mehr CO2 emittiert (mehr dazu im Blogbeitrag: „Was ist nachhaltiger, Primärgold oder Recyclinggold?). Zum anderen spielt hier natürlich der soziale Aspekt eine große Rolle. Unter welchen Bedienungen wurde das Gold gewonnen? Denn leider ist es heutzutage immer noch so, dass Gold teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen gefördert wird.
Um unseren Kunden die Gewissheit zu geben, dass sie kein Konfliktgold kaufen, verarbeiten wir ausschließlich Sekundärgold – also Altgold, welches bereits im Umlauf war. Wir sind LBMA- und RJC-zertifiziert und werden von externen Audits auf die Einhaltung der OECD-Richtlinien kontrolliert.
Diese hohen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit der Transparenz unserer Lieferketten und der Verpflichtung, ausschließlich Sekundärmaterial zu verarbeiten, erfordern eine hohe Expertise im analytischen Bereich. Als Gold- und Silberscheideanstalt sind unsere Laboratorien, insbesondere das Probierlabor und die chemische Analytik gatekeeper des Unternehmens, nicht nur um die Qualität des Eingangsmaterials zu bestätigen, damit der Raffinationsprozess nicht gestört wird, sondern auch um der Verwendung von Primär- also Minenmaterial entgegenzuwirken.
Der Fingerprint von Minengold
Die Analyse der Gold-Provenienz ist alles andere als trivial, denn eine bestimmte Partie Gold bzw. Edelmetall, welches aus verschiedenen Quellen stammt, könnte theoretisch durch Handel, vorherige Verarbeitung (Zusammenschmelzen verschiedener Partien) oder sogar Raffination physikalisch und chemisch homogenisiert worden sein. Und doch ist es möglich, aufgrund der chemischen Zusammensetzung von Gold, in seiner Natur eine Multikomponenten/Multielement-Legierung, Rückschlüsse auf seine Herkunft zu ziehen.
Kurzum: eine genaue Analyse der Goldbestandteile kann darüber Ausschlüsse geben, ob das Gold aus einer Mine stammt, oder ob es sich um Altgold aus dem Wertstoffkreislauf handelt. Aufgrund der spezifischen und einzigartigen Zusammensetzung jedes einzelnen Vorkommens einer goldhaltigen Lagerstätte sind die Neben- und Spurenelemente die wichtigsten Hinweisgeber, um einen eventuell enthaltenen Anteil an Primärgold zu detektieren.
Im Zusammenhang mit der aufkommenden Problematik um Konfliktminerale aus Krisengebieten (die Große Seen Region in Afrika, insbesondere Demokratische Republik Kongo und Anrainerstatten) gibt es seit einigen Jahren Entwicklungen rund um die beschriebene Analyse zur Identifizierung von Material, welches aus illegalen Aktivitäten (z.B. Diebstahl in Südafrika) oder aus der nicht-regulierten artisanalen Goldgewinnung und dem illegalen Kleinbergbau auf Gold (z.B. Demokratische Republik Kongo) stammt. Die individuelle Zusammensetzung jeder Lagerstätte fügt wiederum eine weitere Komplikation hinzu, um Gehalte detektierter Neben- und Spurenelemente vergleichen zu können und somit den sog. fingerprint einer jedweden Lagerstätte zu scannen. Es geht um die Datenverfügbarkeit! Denn nur mit vorhandenen fingerprint Daten einzelner Minen lassen sich Aussagen tätigen.
So wurde beispielsweise in Südafrika, einem immer noch dominierenden Gold-Abbau-Land, eine Golddatenbank als Mittel zur Bekämpfung des Golddiebstahls bei den großen Goldminengesellschaften eingerichtet (Dixon 2014). Diese verfügt über zahlreiche von den Minengesellschaften in ihren Anlagen hergestellten Legierungszusammensetzungen, um somit eine Identifizierung des Materials, bis hin zu einzelnen Abbauschächten abzubilden.
Die Schweizer Raffinerie Metalor präsentierte 2021 das in Kooperation mit der Université de Lausanne entwickelte „Geoforensic Passport“ (Beck & Jodry, 2015), ein Analyseverfahren welches die Herkunft von Doré* aus eigens zertifizierten, als Lieferant(en) zugelassenen Minen bestätigt. Aufgrund der Komplexität in der Zusammensetzung von Doré basiert das etablierte „in-house“-Verfahren auf Bestätigung bereits bekannter Materialzusammensetzungen, um somit unbekanntes Material auszuschließen!
Doch wie stellen wir sicher, dass wir kein Minenmaterial verarbeiten?
Wie bereits erwähnt kommt es bei uns auch auf die Gewährleistung des Raffinationsprozesses an, weshalb wir die Annahme und Verarbeitung von Material, in welchem bestimmte Elemente bestimmte Konzentrationen überschreiten, strikt ablehnen. So können Tellur (Te), Arsen (As), Antimon (Sb) und Bismut (Bi) ab jeweiligen Konzentrationen von 100 ppm (parts per million), im Fall von Selen bereits ab 10 ppm, bei Beryllium sogar 1 ppm den Scheideprozess erheblich beeinflussen oder unmöglich machen. Deshalb werden im Verlauf der Bearbeitung des Materials Analysen der Zusammensetzung durchgeführt, um so diese typischen erz-begleitenden Elemente zu detektieren. Arsen, Selen, Tellur, Antimon und Bismut, üblicherweise als Bestandteile in natürlich vorkommendem Gold vorhanden, kommen normalerweise nicht in Schmuck vor und dürften somit auch nicht in Scheidgut-Anlieferungen, die Nachweisgrenze der Analysemethode berücksichtigend, detektiert werden. Ein weiteres hinweisgebendes Element ist Blei (Pb), welches aufgrund seiner gesundheitsschädlichen Eigenschaften keine Anwendung in Schmucklegierungen findet, es sei denn, es handelt sich um spezielle Legierungen, die in elektronischen Bauteilen verwendet werden (Roberts et. al 2016). Somit kann bei Blei von einem quasi-alleinigen Indikator von Minengold gesprochen werden.
In der Fachliteratur finden sich wenige Publikationen bezüglich der Eignung und Leistungsfähigkeit gängiger Analysemethoden, die im Bereich der Goldprovenienz Anwendung finden. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass die Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) und die Spektrometrie mit induktiv-gekoppeltem Plasma (ICP-MS / OES) mit Massen- bzw. optischer Spektrometrie zuverlässige Ergebnisse für Haupt- und Nebenelemente (ICP-OES) bzw. Spurenelemente (ICP-MS) in Goldlegierungen liefern.
Bei C.HAFNER kommt zunächst die Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) bei der Prüfung im Materialeingang zum Einsatz. Diese Analysemethode nutzt die physikalischen Gesetzmäßigkeiten des Atomaufbaus und generiert schnelle Ergebnisse im Tagesablauf. Vereinfacht erklärt, wird bei der RFA-Analyse elementspezifische charakteristische Röntgenstrahlung angeregt und dann analysiert. Die Ergebnisse aus der RFA-Analyse entscheiden über den weiteren Verlauf jedes einzelnen Materialeingangs, oder führt zur Rückweisung des Auftrags, falls akzeptierte Störstoffwerte (siehe Störstoffliste Scheidgut/Gekrätz) überschritten werden. Wird bei der RFA-Analyse eine definierte Schwelle überschritten, wird eine Vollanalyse mittels ICP-OES zur Bestimmung der Verunreinigungen bzw. der Legierungspartner ausgelöst. Diese ist dann die Basis für die Entscheidung einer Rückweisung/Rücksendung an den Kunden.
Schlussfolgerung
Die Kombination aus jahrelanger Erfahrung und hohem Know-How in unseren Laboratorien, zusammen mit dem Einsatz der beschriebenen Analysemethoden stellt mit nahezu 100%-iger Sicherheit die Verhinderung der Annahme und Verarbeitung von Minenmaterial bei C.HAFNER sicher.