Goldpreis hängt weiter an der Corona-Entwicklung

Gold, Palladium, Platin, Silber

Der Wirtschaftsaufschwung nach dem Ende des Corona-Winters 2020/21 lies in diesem Sommer eine allmähliche Normalisierung der Notenbankpolitik wahrscheinlicher werden. Die damit verbundene Aussicht auf steigende Zinsen lastete längere Zeit auf dem Goldpreis. Mittlerweile zeichnen sich am Horizont aber neue Probleme aufgrund der stärkeren Verbreitung der Delta-Variante ab. Das Schreckgespenst höherer Kapitalmarktrenditen verliert deshalb an Schrecken.

Der Goldpreis zeigte sich in den letzten Wochen von seiner volatilen Seite. Ende Mai beziehungsweise Anfang Juni kostete eine Feinunze zeitweise mehr als 1.900 US-Dollar. Anfang August stürzte die Notierung dann kurzfristig sogar unter die Marke von 1.700 US-Dollar ab. Aus europäischer Sicht eliminierten allerdings gleichgerichtete Schwankungen des Wechselkurses zwischen dem US-Dollar und dem Euro einen Großteil dieser Bewegungen. Der Preisrückgang von rund 50 Euro je Gramm in der Spitze auf Werte im Bereich von unter 48 Euro je Gramm hielt sich deshalb in Grenzen.

Die zunächst rückläufige Tendenz des Goldpreises hing eindeutig mit der konjunkturellen Erholung in den USA zusammen, wo die Arbeitslosenquote weiter zügig zurückging. Sie fiel von 6,1 % im April auf zuletzt 5,2 %. Vor diesem Hintergrund wurde eine schrittweise Reduktion des Kaufs von Anleihen durch die US-amerikanische Notenbank immer wahrscheinlicher. Diese Käufe wurden im Frühjahr 2020 als Teil der Krisenmaßnahmen begonnen. Aktuell überweist die Notenbank noch immer jeden Monat 80 Mrd. sozusagen frisch gedruckte US-Dollar an den Finanzminister im Tausch für Staatsanleihen. Außerdem werden für 40 Mrd. US-Dollar pro Monat Hypothekenpfandbriefe gekauft, eine Unterstützung, die der überhitzte Immobilienmarkt in den USA eigentlich nicht braucht. Notenbankchef Jerome Powell sprach sich deshalb immer stärker für den Beginn einer Reduktion der Anleihekäufe aus. Bei seiner jüngsten wichtigen öffentlichen Rede auf dem Symposium von Jackson Hole im August ging er dabei von einem Start noch in diesem Jahr aus. Andere Notenbanken schreiten bereits voran. Seit Jahresanfang haben weltweit bereits 13 Institute ihre Leitzinsen erhöht, zuletzt die chilenische Zentralbank.

Käme es in den USA wie bislang erwartet zu diesem sogenannten Tapering, dann würde die Notenbank als wichtiger Käufer für Staatsanleihen allmählich wegfallen, was die Kurse dieser Papiere belasten und spiegelbildlich die Kapitalmarktrenditen erhöhen würde. Und da steigende Zinsen ein Gift für zinslose Kapitalanlagen wie Edelmetalle sind, war der scharfe Einbruch des Goldpreises Anfang August nach der Veröffentlichung eines sehr guten US-Arbeitsmarktberichtes für den Monat Juli kein Wunder.

Mittlerweile hat sich das Blatt jedoch gedreht. Letzte Woche gab das Bureau of Labor Statistics den neuesten Arbeitsmarktbericht heraus, der fast durchgängig enttäuschte. Der Stellenaufbau ging von mehr als 1 Mio. im Juli auf nur noch 235.000 neue Jobs im August zurück. Der wichtigste Grund hierfür dürfte die zunehmende Verbreitung der Delta-Variante des Corona-Virus sein. Aktuell werden in den USA täglich rund 500 Neuinfektionen pro 1 Mio. Einwohner festgestellt. Dies ist etwa der dreifache Wert im Vergleich zu Anfang September 2020. Da auch die Hospitalisierungen steigen und in ein paar Wochen die kühlere Jahreszeit beginnt, erscheinen neue Lockdowns plötzlich wieder möglich. In diesem Umfeld nimmt die Wahrscheinlichkeit für einen geldpolitischen Richtungswechsel der Notenbank und damit die Gefahr höherer Zinsen jedenfalls deutlich ab. Sollten die Corona-Neuinfektionen in den USA und in anderen wichtigen Volkswirtschaften ähnlich wie im letzten Jahr also demnächst tatsächlich ansteigen, dann könnte dies eine leichte Verteuerung des Goldpreises mit sich bringen.

Weitere ausführliche Berichte zu Silber, Platin und Palladium finden Sie in der aktuellen Ausgabe „Fokus Edelmetall“.

Von Dr. Thorsten Proettel