Edelmetallpulver: Wie kommt der Preis zustande?

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Der Preis eines Edelmetallpulvers wird von vielen Faktoren beeinflusst. Neben den organisatorischen und standortbezogenen (Lohnniveau) Faktoren ist ebenso die Spezifikation der Partikelgröße entscheidend.

Wie sich die Partikelgröße definiert und inwiefern sie sich auf die Preisbildung auswirkt, erläutern wir im Folgenden.

Wie wird die Partikelgrößenverteilung spezifiziert?

Ein anschauliches Beispiel für eine Spezifikation ist die Partikelgrößenverteilung (PGV) +15/-45 µm. Das Einzige, das an diesem Beispiel klar ist, ist, dass das Pulver zwischen 15 µm und 45 µm liegen soll. Doch diese Aussage ist genauso schwammig wie sie sich anhört! Es ist nämlich nicht genormt, welche weiteren Spezifikationen erfüllt werden müssen.

Oft wird ohne weitere Angabe darunter verstanden, dass maximal 10 % des Pulvers kleiner als 15 µm und weitere maximal 10 % des Pulvers größer als 45 µm sein dürfen. Dass also insgesamt 80 % des Pulvers im genannten Bereich liegen.

Die Praxis zeigt jedoch, dass auch Pulver mit 35 % > 45 µm und 15 % < 15 µm als +15/-45 µm bezeichnet werden. Mit nur 50 % des Pulvers im interessierenden Bereich ist auch ohne Taschenrechner klar, welches Pulver (deutlich) weniger kosten dürfte.

Neben den gewünschten Grenzen muss also bei einem Vergleich auch der erlaubte Anteil an Fehlkorn (= Überkorn über der oberen und Unterkorn unter der unteren Grenze) spezifiziert sein. Pulver, die als +15/-45 µm bzw. +9/-53 µm bezeichnet werden, können durchaus identisch sein.

Tipp 1: Fragen Sie einfach beim Pulverhersteller nach, wie die Spezifikation der Partikelgrößenverteilung genau definiert ist.

Dieselbe Spezifikation, nur andere Herstellung

Außerdem ist die Herstellung des Edelmetallpulvers entscheidend. Im folgenden Diagramm sind zwei Partikelgrößenverteilungen (PGV) dargestellt, die beide die Spezifikation +10 µm erfüllen.

Edelmetallpulver, Partikelgrößenverteilungen
Abb. 1 Partikelgrößenverteilungen (PGV)

Das eine Pulver (rot) wurde so grob verdüst, dass nicht mehr als 10 % der Partikel unter 10 µm liegen. Und genau diese extrem feinen Partikel sind die, die bei einem Bauprozess in der additiven Fertigung oder bei einer Pulverdosierung beim Laserauftragsschweißen stören.

Das andere Pulver (blau) wurde recht fein verdüst und danach wurde der Feinanteil unter 10 µm durch Windsichten entfernt. Das gesichtete Pulver enthält praktisch keine Partikel unter 5 µm während bei dem anderen Pulver 5 % unter 5 µm liegen. Dies wirkt sich sehr positiv auf das Ergebnis bei der additiven Fertigung.

Dieselbe Spezifikation, aber sehr unterschiedliche Pulver. Ein zusätzlicher Prozessschritt, der natürlich bezahlt werden muss, macht den Unterschied zwischen gut dosierbarem Pulver (blau) und nicht fließendem Pulver (rot).

Tipp 2: Welchen Anforderungen muss Ihr Pulver gerecht werden? Möchten Sie zum Beispiel mit ihm additiv fertigen, zahlt sich der zusätzliche Schritt mit Windsichten auf jeden Fall aus. 

Die Edelmetallpulver-Ausbeute: ebenfalls entscheidend

Für die Pulverausbeute zwischen einer oberen Grenze dO und einer unteren Grenze dU ist bei gegebener PGV nicht die Differenz der Werte entscheidend, sondern der Quotient dO/dU. Was so lapidar erscheint, hat recht unerwartete Auswirkungen. Kurz gesagt reagiert der

Quotient (die Ausbeute!) viel stärker auf Änderungen des Divisors dU als auf Änderungen des Dividenden dO. Ein Beispiel:

 Ausgangs-PGV: 42 % Ausbeute Ziel-PGV: 57 % Ausbeute 
 +15/-36 µm+10/-36 µm 
 +15/-36 µm+15/-54 µm 
Tab. 1 Ausgangs- und Ziel-PGV

Zur Erhöhung der Ausbeute (immerhin + 35 %) auf denselben Wert muss die untere Grenze nur um 5 µm nach unten verschoben werden, die obere Grenze dagegen muss für denselben Effekt um 18 µm nach oben verschoben werden. Der Quotient aus Ober- und Untergrenze und damit die Ausbeute ist identisch! Die Änderung um 5 µm dürfte ohne Messung schwer zu bemerken sein, die um 18 µm recht leicht.

Die Ausbeute und damit der Preis reagieren sehr empfindlich auf Änderungen der unteren Größengrenze und wenig empfindlich auf Änderungen der oberen. Ein Pulver +15/-45 µm hat eine geringere Ausbeute als eines +10/-40 µm und ist deshalb (deutlich) teurer.

Tipp 3: Mit einfachen mathematischen Rechenschritten lässt sich die Ausbeute schnell berechnen. In Abhängigkeit Ihren Anforderungen an das Edelmetallpulver haben Sie auch hier einen Spielraum den Preis durch die Ausbeute zu beeinflussen.

 Edelmetallpulver: „Übertriebene“ Anforderungen

Das vorhin erwähnte „übliche“ Verständnis von Unter- bzw. Obergrenze als d10 bzw. d90 hat seine Ursache darin, dass in diesem Bereich die Verteilungskurve „halbwegs linear“ verläuft, Änderungen also kaum überraschende Auswirkungen haben. Werden Stützwerte dagegen im langsam auslaufenden „Schwanz“ der Kurve festgelegt, ergeben sich oft drastische Auswirkungen, wie das folgende Diagramm zeigt.

Edelmetallpulver, PGV
Abb 2. Unter- bzw. Obergrenze bei PGV

Ein Pulver (blau) bzw. dessen PGV wurde so eingestellt, dass 99 % des Pulvers unter 45 µm liegen, das andere erfüllt nur die Anforderung 90 % < 45 µm. In einem Fall ist eine mittlere Korngröße d50 von 11,7 µm erforderlich, im anderen reicht d50 = 19,1 µm.

Während 19,1 µm bei den bei C.HAFNER verwendeten Gasverdüsungsverfahren fast immer „wie verdüst“ – also mit 100 % Ausbeute – erreicht werden kann, ist das bei 11,7 µm nur in Ausnahmefällen möglich, die Ausbeute liegt dann nur noch irgendwo zwischen 50 % und 100 %, auf jeden Fall ist sie reduziert.

Die Spezifikation von Werten kleiner als d10 bzw. größer als d90 hat meist keinen technischen Hintergrund, zieht aber immer einen deutlich erhöhten Aufwand und/oder eine deutlich reduzierte Ausbeute nach sich und kann im Extremfall dazu führen, dass ein Pulver überhaupt nicht mehr wirtschaftlich herstellbar ist. In jedem Fall ist es unnötig teuer.

Tipp 4: Die Spezifikation von Werten kleiner als d10 bzw. größer als d90 machen normalerweise technisch und wirtschaftlich wenig Sinn.

Bereichsabhängige Empfindlichkeit

Je nachdem, in welchem Bereich der PGV eines verdüsten Pulvers eine spezifizierte Grenze (Ober- oder Untergrenze) liegt, wirken sich Änderungen mehr oder weniger dramatisch auf Ausbeute und Preis aus.

Edelmetallpulver, Korngröße
Abb 3. Variable Empfindlichkeit

Dargestellt ist in diesem Diagramm der Anteil des Pulvers, der auf einen jeweils 10 µm breiten Bereich entfällt. So liegen zwischen 20 µm und 30 µm knapp 25 % des Pulvers während zwischen 50 µm und 60 µm nur 4 % des Pulvers zu finden sind. Entsprechend bringt die Veränderung einer Grenze von 20 µm nach 30 µm eine Ausbeuteänderung (und eine fast entsprechende Preisänderung!) von 25 %, ist also deutlich spürbar. Eine Änderung von 50 µm nach 60 µm ändert mit 4 % nicht viel.

Entscheidend wird dieses Phänomen im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Verdüsungsverfahren für maximale Ausbeute genau auf den gewünschten Bereich eingestellt werden kann oder ob die Verdüsung, wenig variabel, mit immer gleichem oder zumindest ähnlichem Pulver erfolgt; dann sind Ausbeute/Preis hilflos dem dargestellten Effekt unterworfen.

Tipp 5: Die Grenzen für eine Einstellung der Pulverfeinheit und der Breite der PGV sind bei einem Verdüsungsverfahren sehr eng gesteckt. Aus diesem Grund ist es nicht wirtschaftlich z.B. in einem Prozess für feine Pulver grobe Pulver herzustellen.

Spezielle Edelmetall-Probleme

Eine geringe Ausbeute ist immer schädlich. Bei Edelmetallen kann darüber hinaus die Chargengröße einen stärkeren Einfluss haben. Denn Edelmetallpulver werden aufgrund des hohen Materialpreises in der Regel in kleineren Mengen gekauft.

Wenn aber für 500 g Pulver 10 kg Metall verdüst werden müssen, werden die Kosten für die Rückgewinnung des nicht benötigten Pulvers sowie Verarbeitungsverluste zum preisbestimmenden Faktor.

Chargengrößen bis hinunter zu nur 2 kg und eine eigene Scheiderei entschärfen diese Probleme für Kunden von C.HAFNER.

Fazit

Die Partikelgrößenverteilung und der Herstellprozess beeinflussen also die Ausbeute und somit direkt den Preis eines Pulvers. Anwendern ist ein Großteil dieser Parameter oft nicht bekannt, was dazu führt, dass die Preise von Edelmetallpulvern nicht anhand von ihren tatsächlichen Eigenschaften, sondern lediglich über den Preis pro Kilogramm verglichen werden.  

Unser Tipp 6: Möchten Sie die Edelmetallpulver erfolgreich anwenden und das zu fairen Preisen, sollten Sie mit kompetenten Pulverherstellern in intensiven Austausch gehen, die ein ausbalanciertes Paket hinsichtlich Preises und Qualität des Pulvers bereitstellen können.