Edelmetall-Pulver: Qualitätsfaktor Partikelgrößenverteilung

Pulverpartikel Edelmetall Edelmetall-Pulver, 3 Druck, Partikelgrößen

Wer sich mit Pulvern beschäftigt, wird früher oder später mit dem Begriff der Partikelgrößenverteilung (PGV oder eng. PSD particle size distribution) konfrontiert. Dies gilt besonders für Pulver aus Edelmetallen. Nachfolgend erfahren Sie mehr darüber, warum man sich als Pulveranwender mit der PGV beschäftigen sollte, was eine Partikelgrößenverteilung ist und weshalb Pulver klassiert wird.



Warum Partikelgrößenverteilung?

Für die meisten Anwendungen, sei es z. B. in der additiven Fertigung oder Metallpulverspritzgießen, ist die detaillierte Kenntnis der Partikelgrößenverteilung nicht nötig. Im Normalfall interessiert höchstens die größte bzw. die kleinste vorhanden Partikelgröße. Wenn Pulver durch ein Rohr mit einem Durchmesser von 125 µm gefördert werden soll, darf natürlich kein Partikel mit einem Durchmesser von 125 µm im Pulver enthalten sein.

Dahingegen ist häufig die sogenannte Fließfähigkeit des Pulvers entscheidend. Derzeit gibt es leider für die Fließfähigkeit kein universell einsetzbares und gleichzeitig verlässliches oder aussagefähiges Messverfahren. Als Krücke bedient man sich oft der Partikelgrößenverteilung in der Annahme, dass die Fließfähigkeit gut genug sein wird, wenn nur die PGV umfangreich genug spezifiziert wird.
Ferner beeinflusst die PGV des Pulvers „wie verdüst“ auch nach einer Klassierung die Eigenschaften des gebrauchsfertigen Pulvers.

Ausnahmslos für alle Anwendungen von großer Bedeutung ist der Preis des Pulvers. Dieser wird mittelbar über die erzielbare Ausbeute von der Partikelgrößenverteilung des Rohpulvers wesentlich mitbestimmt.

Was ist eine Partikelgrößenverteilung?

Eine Partikelgrößenverteilung (früher auch Korngrößenverteilung genannt) gibt an, welche Partikelgrößen mit welchem Anteil in der Gesamtheit des Pulvers vertreten sind. Üblicherweise wird der Gewichts-/Massenanteil angegeben, es können aber auch einfach die Partikel gezählt werden – ohne ihr Gewicht zu berücksichtigen, dann ergibt sich eine sogenannte Anzahlverteilung.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung

Im einfachsten Fall wird beispielsweise einfach 1 kg eines Metallpulvers nacheinander mit 3 Sieben mit den Maschenweiten 45 µm, 63 µm und 125 µm gesiebt. Man erhält 350 g unter 45 µm, 150 g zwischen 45 µm und 63 µm, 340 g zwischen 63 µm und 125 µm sowie 160 g über 125 µm. Dies ist im Grundsatz die Häufigkeitsverteilung, die angibt, welcher Anteil des Pulvers zwischen einer oberen und einer unteren Grenze liegt, hier 15 % zwischen 45 µm und 63 µm.
Werden alle Gewichte bzw. Anteile bis zur interessierenden Korngröße aufaddiert, ergibt sich die Summenverteilung. Im Beispiel sind 35 % unter 45 µm, 50 % unter 63 µm und 84 % unter 125 µm.
Folgende abkürzende Schreibweisen werden gern verwendet, wenn über Pulver gesprochen wird: „unter“  = „<“ = „-“ und „über“  = „>“ = „+“. Ein Pulver +45/-125 ist also größer als 45 µm und kleiner als 125 µm.
Wird dieses Verfahren mit deutlich mehr als 3 Stützstellen durchgeführt (z.B. mit einem modernen Messgerät), erhält man „glatte“ Kurven wie hier dargestellt für ein Pulver CuSn23.

Diagramm Partikelgrößenverteilung  veranschaulicht anhand der Korngrößenverteilung
Korngrößenverteilung

Eine Größe „dX“ bezeichnet den Durchmesser, unterhalb dessen X % des Gewichts der Partikel liegen oder – im Fall der Anzahlverteilung – welche Anzahl an Partikeln unter dieser Grenze liegt.
Der Wert d50 wird als mittlere Partikelgröße bezeichnet, da die Hälfte des Gesamtgewichts auf Partikel entfällt, die kleiner sind als dieser Durchmesser und die andere Hälfte auf Partikel, die größer sind. Bei Verwendung eines Siebes mit dieser Maschenweite würde die Hälfte des Pulvers durch das Sieb fallen, die andere Hälfte darauf liegen bleiben. d50 gibt also an, wo die PGV im Mittel liegt – ist das Pulver fein oder grob.
d84 dagegen ist der Wert, der im Fall einer Gauß‘schen Normalverteilung genau eine Standardabweichung vom Mittelwert entfernt ist. Der Quotient d84/d50 ist also ein Maß für die Breite der PGV.
Mit diesen beiden Angaben (oder zwei beliebigen anderen Werten wie d10 und d90) ist die PGV vollständig beschrieben. Mehr Werte werden nicht benötigt und, was wichtiger ist, können streng genommen nicht eingehalten werden. Maximal 2 Werte können mehr oder weniger genau eingehalten (=spezifiziert) werden, die Einhaltung weiterer Kennwerte ist eher zufälliger Natur.

Wieso werden Pulver klassiert?

Die PGV beschreibt also nur das Pulver, wobei es unerheblich ist, ob es sich um ein Pulver direkt aus dem Herstellungsprozess handelt oder um ein gebrauchsfähiges. Zwischen beiden Pulvern besteht normalerweise ein deutlicher Unterschied: sei es, dass wie beim Metallpulverspritzguss (MIM) die Partikel eine maximale Größe haben (z.B. 25 µm) oder, dass die Partikel für eine additive Fertigung in einem bestimmten Bereich liegen müssen (+10/-45 µm). Das Bindeglied zwischen beiden Pulvern ist der Prozess der sogenannten Klassierung, in dem das gewünschte Pulver aus dem Gesamtpulver „extrahiert“ wird.
Der nachfolgende Verarbeitungsprozess bestimmt also, ob und gegebenenfalls wie das Rohpulver klassiert werden muss.

Dabei stehen vor allem zwei Verfahren zur Verfügung: die Siebung und die Sichtung. Ganz grob gesprochen wird eine Siebung durchgeführt, wenn die Grenze, bei der getrennt werden soll, oberhalb eines Bereiches 30 µm bis 40 µm liegt. Die Sichtung wird gewählt, wenn die Grenze unterhalb des genannten Bereichs liegt, vorzugsweise sogar unter 25 µm.

Im nächsten Blogbeitrag „Edelmetallpulver: Auswirkungen der Partikelgrößenverteilung auf die Fließfähigkeit und den Preis“ gehen wir tiefer auf die Bedeutung der Partikelgrößenverteilung bei unterschiedlichen Anwendungen ein.