Die Klischees von Galvanoforming: wenig Friktion und Galvanismus

Friktion

Beinahe jede zahntechnische Versorgungsart hat ihre eigenen, spezifischen Klischees, so auch das Galvanoforming. Wir wollten rausfinden, welche Vorurteile beim Galvano die populärsten sind und befragten dazu die Mitglieder der Facebook Gruppe „Galvanoforming“. Die wichtigsten Punkte wie Friktion und Galvanismus haben wir nun für Sie zusammengefasst. Im Nachfolgenden erfahren Sie, wie Sie bei der nächsten Diskussion rund um die Klischees von Galvanoforming argumentieren können. 

Vorurteil Nr. 1: Galvanokronen haben zu wenig Friktion oder die Friktion lässt mit der Zeit nach

Immer wieder werden Galvano-Anwender mit der Aussage konfrontiert, dass Galvanoteleskope mit der Zeit ihre Haftkraft verlören. Häufig wird das mit „Friktionsverlust“ beschrieben.

Hierin besteht ein gedanklicher Fehler. Friktion bedeutet zunächst Reibung zwischen zwei Reibungspartnern. Das bedeutet, diese beiden Reibungspartner müssen sich berühren, um aneinander zu reiben. Durch Reibung entstehen Veränderungen der Oberflächen und ein Materialabtrag, irgendwann berühren sich beide Reibungspartner nicht mehr und die Friktion verschwindet und damit die ihr innewohnende Kraft, um beide Reibungspartner gegeneinander zu reiben. Bei teleskopierenden Arbeiten ist es die Haftkraft oder Abzugskraft – also die Kraft, die aufgebracht werden muss, um das Sekundärteil vom Primärteil zu trennen. Berühren sich Primär- und Sekundärteil flächig oder punktuell – und das ist bei allen klassisch hergestellten Arbeiten so, wird immer eine Art von Verschleiß auftreten.

Ein Galvanosekundärteil wird aber von einem dünnen Speichelfilm vom direkten Kontakt mit dem Primärteil abgehalten. Auf diesem Speichelfilm kann es gleiten und verschleißt dadurch nicht. Es entsteht keine Haftkraft durch Reibung (Friktion) sondern eine Haftkraft, die zum einen durch Adhäsion und Kohäsion über den Speichel und andererseits durch den Kapillareffekt und einem Unterdruck zwischen Primär- uns Sekundärteil beim Trennen dieser beiden bedingt ist.

Warum lässt in manchen Fällen diese Haftkraft nach? Der Grund liegt in der Anzahl und Position der Pfeilerzähne, der Gestaltung des Primärteils und der Gestaltung der Tertiärstruktur. Bei idealer Pfeilerposition und Anzahl, ideal gestalteten Primärteilen und einer Tertiärstruktur, die die Galvanoteile körperlich fasst, wird kein Nachlassen der Abzugskräfte feststellbar sein. Dies wurde durch zahlreiche Untersuchungen, insbesondere von PD Dr. Paul Weigl bereits vor über 20 Jahren bewiesen. (1)

Das Ziel bei Patientenbehandlungen muss es nun sein, sich dieser Idealvorstellung so weit wie möglich anzunähern.

Ungünstige Hebelverhältnisse durch falsche oder zu wenige Pfeilerpositionen befördern einen Verschleiß, weil beim Ein- und Ausgliedern und beim Kauen Belastungen außerhalb der Einschubrichtung auftreten. Begünstigt wird das zusätzlich, wenn die parallelen Flächen zur Führung und Stabilisierung zu gering dimensioniert sind.

Wird das Galvanosekundärteil weitestgehend von der Tertiärstruktur gefasst, kann sich das Galvanoteil nicht verformen. Werden hierbei Fehler gemacht, kann sich das Galvanoteil aufbiegen und der gesamte Kapillareffekt verschwindet.

Orientiert man sich aber an der Idealvorstellung, sind Patientenversorgungen mit einer 5 Jahres-Überlebensrate von knapp 97 % möglich, eindrucksvoll dokumentiert von Brandt et.al. 2019 in einer retrospektiven Studie über 11,5 Jahre. (2)

Folglich hängt eine langjährige Erhaltung der Haftkraft davon ab, ob die Indikationsstellung beachtet und die Arbeit fachgerecht hergestellt wurde.

Vorurteil Nr. 2: Galvano führt zum Galvanismus im Mundbereich

Bei der Argumentation stützen wir uns auf das Wissen von ZTM Herrn Bollack mit seiner über 25-jähriger Erfahrung mit Galvanoforming.

Es ist eine altbekannte Problematik, dass verschiedenartige Legierungen nebeneinander im Mund zu Galvanismus führen können, vor allem, wenn hochgoldhaltige Legierungen Kontakt mit Amalgam haben oder wenn Spargold-Legierungen, Silber-Palladium-, Kupfer-Palladium-Legierungen oder Nichtedelmetalle verwendet werden. Welche Probleme das für den gesamten Organismus zur Folge haben kann, ist vielfach untersucht und dokumentiert. Die durch den elektrochemischen Potientialunterschied entstehenden elektrischen Spannungen können zu Missempfindungen führen oder auch korrosive Prozesse auslösen. Man begegnet dem Phänomen am besten durch Beschränkung auf nur wenige verschiedene Elemente. Dass aber auch die Galvano-Technik solche Risiken bergen soll und dies nur, weil zwischen den verwendeten Materialien sehr große Potenzialdifferenzen liegen, ist zunächst ja nur ein Verdacht bzw. eine Annahme. Langzeitstudien über die tatsächlichen Auswirkungen dieser Materialkombination gibt es leider nicht.

Hingegen zeigen seit über 25 Jahren mit dieser Technik erzielte Erfahrungen keinerlei Probleme mit dem Galvanismus im Mundbereich. Im Laufe der Zeit sind immer wieder auch ältere Galvano-Arbeiten zu ihm ins Haus gekommen, weil Prothesenzähne und Verblendungen erneuert werden mussten. Bei all diesen Arbeiten sehen die Galvano-Kronen noch aus wie am ersten Tag und sind in ihrer Funktion einwandfrei. Wenn es hier zu relevanten galvanischen Strömen und Ionen-Wanderung gekommen wäre, hätte man doch erwarten können, dass zumindest geringe Veränderungen an den Galvano-Käppchen zu erkennen sein müssten.

Lassen Sie uns festhalten…

Ein langjährig erfolgreiches Ergebnis der Galvano-Arbeit hängt stark davon ab, ob die wesentlichen genannten Erfolgsfaktoren beachtet wurden. Dazu gehören die Indikationsstellung und die technische Umsetzung mit Einhaltung der notwendigen Parameter wie Höhe der Fräsflächen oder körperliche Umfassung der Sekundärteile durch die Tertiärstruktur. Ebenso spielt die Art und Weise der Verklebung eine Rolle, die im besten Fall immer intraoral erfolgen sollte.

Wenden Sie Galvanoforming bereits in Ihrem Dentallabor an? Oder sind Sie daran interessiert? Werden Sie ein Mitglied in die Facebook Gruppe „Galvanoforming“ und profitieren Sie von dem Austausch mit Experten. Wir freuen uns!

(1)(Weigl, P., Kleutges, D.; Ein innovatives und einfaches Threrapiekonzept für herausnehmbares Suprastrukturen mit neuem Halteelement; in Weber/Mönkmeyer (Hrsg.) Implantatprothetische Therapiekonzepte, Quintessenz Verlag 1999, S.117 ff.)

(2) (Brandt, S. et. al.; Conical zirconia telescoping into electroformd gold: A restrospective study of prstheses supportes by teeth and/or implants; Clin Implant Dent Tes. 2019; 1-7