Die aktuelle Definition des Responsible Jewellery Council (RJC) nach Chain of Custody Standard.
Das Thema Recyclinggold sorgt immer wieder für Diskussionen. Ein oft gehörtes Argument lautet, dass es sich bei Recyclinggold im Grunde nur um wiederaufbereitetes Minengold handelt, da das Gold grundsätzlich irgendwann einmal aus einer Mine gefördert wurde. Obgleich jedes Gramm Gold ursprünglich aus einer Mine stammt, greift diese Sichtweise dennoch zu kurz. Die Definition von Recyclinggold, -silber oder -Platingruppenmetallen wie sie derzeit im aktuellen Chain of Custody (CoC) Standard (2024) des RJC www.responsiblejewellery.com/standards/chain-of-custody/ definiert ist, bringt mehr Klarheit in die Diskussion und differenziert zwischen verschiedenen Arten von Gold und weiteren Edelmetallen, die als Recyclingmaterial zulässig sind. Ebenso legt es die Art der Deklarationen rund um die, durch zertifizierte Mitgliedsunternehmen des RJC, verarbeiteten Edelmetalle fest.
Was versteht also der RJC eigentlich unter den Begriffen Recyclinggold, -silber oder -platingruppenmetalle?
Die folgende Darstellung zeigt einen generellen Vergleich der vorhergehenden Version aus dem Jahr 2017 im Vergleich zur kürzlich veröffentlichten Version aus 2024:

Die über einen außergewöhnlich langwierigen Prozess unter Einbeziehung von Interessensgruppen aus Industrie, Zivilgesellschaft, standardschaffender Initiativen, erarbeitete Definition, führt nun folgende Arten von Gold, Silber und Platingruppenmetalle auf:
a) Pre-consumer Gold, Silber oder PGM:
- Stammen aus Schmuck- und Herstellungsprozessen oder Halbzeugen/Fertigprodukten, die nicht auf den Verbrauchermarkt gelangt sind.
- Werden an eine Raffinerie oder einen Zwischenverarbeiter zurückgegeben, um einen neuen Lebenszyklus zu beginnen.
- Müssen aus einem anderen Betrieb stammen, nicht aus internen Prozessen, um künstliche Erzeugung von Produktionsabfällen zu vermeiden.
b) Post-consumer Gold, -Silber oder PGM:
- Stammt aus Edelmetallprodukten wie Schmuck und Ornamenten (Altgold).
- Wird von Endverbrauchern (Einzelpersonen, Organisationen, Industrieanlagen) zurückgegeben.
- Umfasst Produkte, die für ihren ursprünglichen Zweck verwendet wurden oder nicht mehr benötigt werden (end-of-life / end-of-purpose).
c) Material derived from waste (Aus Abfall gewonnenes Material):
- Beinhaltet Gold, Silber oder PGM aus Pre- oder Post-Consumer-Materialien oder einer Mischung beider.
- Enthält Industrieprodukte wie Elektro- und Elektronikaltgeräte (WEEE), verbrauchte Katalysatoren und Brennstoffzellen.
- Material stammt aus Raffination von niedrig-goldhaltigen Materialien aus elektronischen und dekorativen Anwendungen.
Mischung / Mix aus den oben genannten (klar nachverfolgbaren) Quellen.

Relevante Ausschlüsse bei zulässigen Recyclingmaterialien:
- Anlageprodukte wie z.B. Gold von Banken und Privatanlegern (z. B. Anlagebarren und -münzen) sind von allen oben genannten Kategorien ausgeschlossen und gelten somit nicht als zulässige Quelle für recycelbares Material für CoC.
- Schrott und verwertbare Abfälle aus Raffinations- oder Herstellungsprozessen, die intern gesammelt und wiederverwendet werden (ohne sie zur Raffination an Dritte weiterzuleiten), können nicht als verwertbares Recyclingmaterial betrachtet werden, es sei denn, die ursprünglichen Materialien, aus denen der Schrott stammt, waren ausschließlich verwertbare Recyclingmaterialien.
Dieses Material muss den Besitzer wechseln und von einem Dritten aufbereitet werden, bevor es als zulässiges Recyclingmaterial betrachtet werden kann. Ist dies nicht der Fall, kann wiederverwendeter Abfall seinen CoC-Status beibehalten, ist aber kein Recyclingmaterial mehr und muss als mix of mined, recycled and legacied (früher: grandfathered) / Mischung aus abgebautem, recyceltem und Bestandsmaterial (früher: grandfathered) bezeichnet werden.
Anforderungen bei der Deklaration des verarbeiteten Recyclingmaterials im Rahmen der CoC-Zertfizierung
CoC-zertifizierte Organisationen und -Unternehmen sind nach einer 1-jährigen Übergangszeit, ab dem 01. Januar 2026 angehalten, eine klare, eindeutige und unmissverständliche Erklärung über die Kategorie(n) des verwerteten Recyclingmaterials zu tätigen und dies im RJC Audit entsprechend zu belegen. Werden die Anteile der verschiedenen Arten von Recyclingmaterial angegeben (z. B. in Prozent, Gewicht usw.), müssen die Unternehmen über Systeme zur Berechnung dieser Anteile verfügen.

Allgemeine neue Anforderungen durch RJC Chain of Custody an Recyclinggold
Der RJC verpflichtet CoC-zertifizierte Mitglieder, genau zu beschreiben, aus welchem Ausgangsmaterial (Pre-Consumer, Post-Consumer, Mix aus beiden, Waste Recycled oder eine Kombination aller Kategorien) Recyclingprodukte hergestellt wurden. Dies dient der Erhöhung der Transparenz und Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette.
Zukünftig werden unterschiedliche Vorgaben für B2B- und B2C-Kommunikation gelten:
- B2C (Endverbraucher): Bei Geschäften zwischen Unternehmen und Verbrauchern besteht das Ziel aller Erklärungen darin, dem Endverbraucher größtmögliche Transparenz zu bieten.
- B2B (Unternehmen): Bei Business-to-Business- Geschäften müssen Unternehmen angeben, ob das recycelte Material aus pre-consumer-, post-consumer- oder waste recycled stammt. Die Umsetzung erfolgt schrittweise:
- Übergangsfrist: 1. Januar 2025 bis 1. Januar 2026.
- Die Anpassung hängt vom Zeitpunkt der CoC-Status-Erneuerung oder des Überprüfungsaudits (mid-term review) der jeweiligen Organisation ab.
- Auditorenschulungen für die neuen COP- und CoC-Standards 2024 laufen derzeit und sollen bis zum 1. Juli 2025 abgeschlossen sein.
- Bestehende und neue Mitglieder (bis Juli 2025) können ab diesem Zeitpunkt nach den Versionen 2024 auditiert werden.
Die strengeren Forderungen für genauere Bezeichnungen von Recyclingmaterial kamen größten Teils aus der Luxusgüterindustrie (Schmuck und Uhrenindustrie), die sich dadurch höhere Glaubwürdigkeit bei Endkunden und die Verhinderung von sog. Greenwashing-Vorwürfen verspricht.
Ein weiterer Grund sind Nachhaltigkeitsbemühungen großer Unternehmen. Langfristig wird die Berechnung des CO2-Fußabdrucks von Produkten in der Edelmetallindustrie auf den definierten Kategorien basieren. Es wird erhebliche Unterschiede darin geben, mit welchem CO2-footprint pre oder post-consumer Materialien in eine carbon footprint Berechnung berücksichtigt werden.
Fazit:
Gold ist nicht gleich Gold und der Edelmetallsektor entwickelt sich stets weiter. Dabei bestimmen meistens die standardsetzenden Organisationen wie der RJC oder auch LBMA die Richtung und das Tempo. Der RJC nimmt aktuell eine Vorreiterrolle ein, bezüglich der Transparenz und langfristig auch bezüglich der Nachhaltigkeit.